Rūmi

Virtuelle Räume gewinnen immer weiter an Bedeutung. Sie haben das Potenzial als Erzählmedium einen wichtigen Platz in unserer Gesellschaft einzunehmen. Welche Rolle spielt dabei die Immersion und das Raumerlebnis in künstlichen Realitäten?
Was sind virtuelle Orte oder virtuelle Atmosphären?
Die Masterthesis Rūmi schafft einen ersten Einstieg in theoretische und praktische Ansätze, der Gestaltern virtueller Welten als Stütze oder Startpunkt eigener Projekte dienen kann.

Mit der stetigen Entwicklung von Extended Realities und der anwachsenden Nutzung dieser Technologie bei der Vermittlung von Inhalten, offenbart sich ein neuer Weg im Raum zu kommunizieren. Statt reale und digitale Medien als einzelne Instanzen im Raum zu platzieren können nun neue digitale Ebenen bespielt, oder Tore zu neuen virtuellen Räumen geöffnet werden. Natürlich sind die klassischen und digitalen Medien nicht mehr aus der Ausstellungsgestaltung wegzudenken oder gar zu ersetzen, doch die medialen Konzepte der Zukunft teilen sich eben nicht nur den Raum mit diesen Medien und Extended Realities, sondern verschmelzen mit ihnen und schaffen so ein immersives Raumerlebnis aus realen, digitalen und virtuellen Inhalten. Diese Arbeit geht der Frage nach, wie wir IN und MIT diesen erweiterten Räumen kommunizieren und welche Möglichkeiten der Gestaltung, der Interaktion und Wissensvermittlung sie mit sich bringen.

Welche Rolle spielt die Immersion und das Raumerlebnis in virtuellen Realitäten?

Wie interagieren wir in virtuellen Räumen mit virtuellen Dingen und welche Erfahrungen ziehen wir aus diesen Interaktionen?

Wie gestaltet sich die Schwelle zwischen Realität und Virtualität?

„Und es wird uns sehr warm, weil es draußen kalt ist.“

Aus dem Kapitel Raum:

Raumphänomene werden erlernt und in Ideen von Räumen übersetzt. Entdecken wir eine ähnliche Struktur, einen ähnlichen Raum, wird diese Idee als Repräsentativ herangezogen. Wir erkennen Räume wieder und können ihre Funktion deuten. Die Höhle ist nicht nur für Eco ein interessantes räumliches Phänomen. In seinem Buch „Mensch und Raum“ nutzt Otto Friedrich Bollnow die Höhle als Analogie für das Erleben des Wohnraums. Schreiten wir durch den Höhleneingang in den sich ergebenden Höhlenraum nehmen wir umgehend dessen Grenzen wahr. Diese Grenze trennt den erlebten Raum vom Ungewissen. Ob sich hinter der Höhlenwand noch weitere Räume erschließen können wir nicht unmittelbar wahrnehmen und so wird alles abseits dieser Grenze zum Nicht-Raum. Ähnliches lässt sich beim betreten der eigenen Wohnräume erfahren. Hinter den eigenen vier Wänden blenden wir den Rest der Welt aus. Was sich nicht für uns durch Geräusche oder ähnlich durchdringende Sinneseindrücke bemerkbar macht, könnte genauso gut nicht existieren.

Auszug aus dem Kapitel Immersion:

Je überzeugender eine Umgebung ist, desto einfacher wird es sein, in ihr eine immersive Erfahrung zu machen. Ein guter Film zieht uns in eine fiktionale Welt, in der fiktionale Objekte existieren und in der fiktionale Regeln gelten. Solange diese Objekte und Regeln für uns Sinn ergeben, hinterfragen wir sie nicht weiter. Sobald aber ein Widerspruch dieses Regelwerks erkennbar wird, driftet die Aufmerksamkeit des Betrachters wieder in die reale Welt. Im Film wird dieser Vorgang gerne genutzt um einen gezielten Bezug zur Realität herzustellen und am deutlichsten tritt dieser Prozess in Erscheinung wenn ein fiktionaler Charakter die vierte Wand durchbricht und in direkte Kommunikation mit dem Publikum tritt. In einer virtuellen Welt scheint es nun aber keine vierte Wand zu geben. Da ist kein Monitor, keine Bühne, keine Kamera, in die der Schauspieler sprechen könnte. Dennoch ist das Brechen der vierten Wand ebenfalls möglich, indem die Überzeugung dieser virtuellen Welt verloren geht.

Auszug aus dem Konzept:

Einen weiterer Teil einer gehörten und gesehenen Atmosphäre sind die eigentlichen Inhalte, die Dinge und Sachen, die Geräusche von sich geben und ein Aussehen haben. Dabei bilden sich schon in unserer Vorstellung Bilder von Orten, die eine bestimmte Klanglandschaft haben und zu einer bestimmten Zeit besonders schön auf uns wirken. Bezüglich solcher realen Orte, die meist mehr oder weniger weit entfernte, räumliche Koordinaten haben, können wir eine weitere Besonderheit der Virtualität nutzen. Orte können dort den selben Raum einnehmen und man kann sie ein- und ausblenden. Ein Parameter, der dieses Sicht- und Hörbar-Sein manipuliert birgt eine hohe Kontrolle über die wahrgenommene Atmosphäre. Um eine atmosphärische Wirkung zu erzielen, ist auch der Moment wichtig, in dem sie in Erscheinung tritt. Die beiden sich überlagernden Orte konnten also nicht ständig sichtbar, nicht ständig eingeblendet sein.